Lieber Attila und Interessierte
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Nachwirkungen der Rückführung
Die gestrige Rückführung hat bei mir viel mehr ausgelöst, als ich erwartet habe.
Von den bisherigen Rückführungen, die ich am eigenen Leib erfahren durfte, war die gestrige die intensivste. Ich war danach ziemlich geschafft. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich selber rückgeführt habe und dadurch eine Doppelrolle inne hatte.
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Die Nachwirkung traf mich heute Morgen nach dem Aufwachen sehr heftig. In mir stieg eine unglaublich starke, tiefe Trauer, Verzweiflung, Ohnmacht (oder was auch immer es für Gefühle waren) auf, dass es mir schier das Herz zerriss. Zum Glück habe ich noch eine Woche Schulferien, sodass ich im Bett liegen bleiben konnte.
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In der Rückführung habe ich mein Elternhaus mit 11 Jahren für immer verlassen. Was geschah in meinem jetzigen Leben, als ich 11 Jahre alt war?
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Es war das grauenhafteste, schrecklichste Schuljahr von allen 10 Schuljahren, die ich absolvieren musste. Als ich ein Kind war, ging man im Kanton Bern mit 6 Jahren in den Kindergarten. Mit 7 Jahren wurde man eingeschult. Es gab eine Primarschule für die mässig intelligenten Schüler, die 9 Jahre dauerte. Die intelligenteren Schüler konnten in der 4. Klasse mit einer Prüfung in die Sekundarschule übertreten. Ein zweiter Versuch war in der 5. Klasse noch möglich.
Da ich in der 4. Klasse bei der Übertrittsprüfung durchgefallen war, musste ich weiterhin in meiner alten Klasse zur Schule gehen. Schon die 4. Klasse war schrecklich, da wir eine neue Lehrerin bekamen, die mich hasste. Ich hatte ständig Migräne-Attacken mit Erbrechen, oft schon in der Schule. Auch noch in der 5. Klasse. In der 5. Klasse hatten wir einen Lehrer. Ich musste zwischen zwei Mädchen sitzen, die mich ständig schikaniert haben. Der Lehrer war blind dafür. Ich habe mich dann immer extra unmöglich benommen, damit ich an den Tisch hinten im Klassenzimmer sitzen musste. Dieser Lehrer hat mir dann einen Schimpfnamen (Mistlise) verpasst, die das Ganze noch schlimmer machte. Meine Mutter hat dem Lehrer natürlich das Nötige gesagt, und er hat sich auch bei mir entschuldigt. Doch der Schimpfnamen war trotzdem geboren. Ich habe dann alles daran gesetzt, die Übertrittsprüfung in die Sekundarschule zu schaffen. Und ich habe sie bestanden. Danach war auch der Schimpfname aus der Welt geschafft, da die Klassenkameradin, die mit mir die Prüfung bestanden hatte, mir gegenüber immer neutral war. In der 7. Klasse hatte ich dann diesen Lehrer als Italienisch-Lehrer. Es hört sich jetzt vielleicht paradox an, aber ich liebte seinen Unterricht!
In der neuen Klasse habe ich mir meinen Platz mit den Fäusten erkämpft, vor allem bei den Jungs. Dieses unmädchenhafte Benehmen hat mir einige Stunden Nachsitzen beschert. Doch ich konnte meine Stellung in der Klasse danach auch ohne Kämpfe bis Ende Schulzeit halten. Ich wurde zur Musterschülerin. Ich war zwar bei den Mädchen immer das 13. Rad am Wagen, aber das hat mich immer weniger interessiert. Die neue Klasse war um ein mehrfaches angenehmer als die alte Klasse. Die Migräne-Attacken waren auch weg.
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Heute Morgen, als ich über die Erlebnisse, die ich als 11-Jährige in der Schule hatte, nachdachte, wurde mir bewusst, dass sie bei mir ein heftiges Trauma ausgelöst hatten. Ich habe mit Schrecken, oder schon fast mit Entsetzen, festgestellt, dass ich mich heute immer noch als 11-Jährige wahrnehme/sehe. Meine persönliche Zeit ist damals stehen geblieben und hat eine Art Zeitschlaufe gebildet, so ähnlich wie beim Film "Und täglich grüsst das Murmeltier". Ich kenne mehrere solcher Geschichten, aber diese ist sicher die bekannteste. Im Film bemerkt der Protagonist sehr schnell, dass sich sein Tag ständig wiederholt. Mir jedoch blieb es bis jetzt verborgen. Die irdische Zeit, die ja weitergelaufen ist, hat mich darüber hinweggetäuscht.
Kürzlich hat mich jemand nach meinem Alter gefragt. Mir wurde erst heute Morgen bewusst, dass ich zuerst mein Alter ausrechnen musste, bevor ich geantwortet habe. Ich habe überhaupt keine Beziehung zu der 55 jährigen Frau, die ich bin. Ich habe das Wissen einer 55 jährigen Frau, da ich mir viel Wissen angeeignet habe, aber nur intellektuelles Wissen. Ich darf auch alles tun, was eine normale, mündige Person tun darf. Bei allem, was ich tue, bin ich jedoch immer noch dieses 11 jährige ICH.
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Wie soll eine 11-Jährige eine Schulklasse managen können, wenn die Kinder im selben Alter oder sogar älter sind?
Was hat eine 11-Jährige im Lehrerzimmer zu suchen? Ich fühle mich im Lehrerzimmer immer total fehl am Platz und halte mich so wenig wie möglich dort auf. Ich habe immer das Gefühl, kein recht zu haben, diesen Raum zu betreten.
Was hat eine 11-Jährige in einem Lehrerkollegium zu suchen?
Wie soll eine 11-Jährige erfolgreich ein Klienten-Gespräch in einer Beratung oder als Therapeutin führen können?
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Meine Fragen:
- Wie finde ich aus der Zeitschlaufe der 12-Jährigen heraus?
- Wie kann ich diese Zeitschlaufe auflösen oder durchbrechen?
- Wie finde ich von der 11-Jährigen zur 55-Jährigen?
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Liebe Grüsse
Pia