(12.03.2020, 21:14)Savina Tilmann schrieb: So.. jetzt ist ja aber deine Frage, ob der Mann aus der Serie eine PSYCHISCHE Störung hat. Also nach den genannten Symptomen kann man das erstmal nicht sagen, denn, siehe oben, es könnte einfach wahr sein.
Wenn es nicht wahr ist und er sich diese Erkrankung nur einbildet (so wie man sich jedwede Erkrankung einbilden kann), dann wäre das ein Münchhausen-Syndrom.
Ich hoffe, meine Antwort hilft dir etwas weiter.
Sonnige Grüße,
Savina
Auch ein Hallo von mir Schneggle
jetzt habe ich einige Tage gewartet, ob jemand noch eine differenzialdiagnostische Variante einbringen möchte... Also geb ich jetzt mal selbst noch meinen DD-Senf dazu
Grundsätzlich ist es spannend nun mit anderen Augen die Umwelt zu betrachten... ich kann mich an diese aufregende Anfangszeit sehr lebhaft erinnern
In Filmen muss man auch immer bedenken, dass die Symptome nicht zwingend richtig dargestellt werden, denn selten hat ja ein Mediziner so ein Drehbuch geschrieben.
Da in der Tat so vieles passen würde, wie du schreibst, würde ich im wahren Leben DD-mäßig so vorgehen:
1. Der Mann könnte recht haben, so wie es Savina oben ausgeführt hat.
2. Der Mann könnte einem Wahn unterliegen. Hier wäre durch gezielte Fragen abzugrenzen, ob und inwieweit er sich von seinem Gedanken noch abgrenzen kann. Kann er das nicht, könnte es mehrere Möglichkeiten geben. A) anhaltende wahnhafte Störung, wenn keine weiteren auffälligen Symptome wie Halluzinationen vorliegen und der Wahn das einzig auffallende Symptom ist. B) Schizophrenes Geschehen, wenn er Halluzinationen aufweist. z.B. die Stromauswirkungen in Form von Zönästhesien spürt oder wenn sich noch andere Symptome von wahnhaftem Geschehen (Wahngebäude etc.) zeigen. Das müsste genau erfragt werden.
3. Kann er sich von diesem Gedanken immer mal wieder distanzieren und kommt doch nicht von ihm los, könnte man natürlich an eine schwere Zwangsstörung denken. Eine versucht unterdrückte Zwangshandlung (wie vielleicht hier der Fall, er hat es versucht und brach dann wieder ins Verhaltensmuster ein) verursacht enorme Angst und vegetative Symptome. Man müsste hier also mit zielführenden Fragen herausfinden, ob die Symptome im Gesamtbild auf Zwang passen.
4. Er könnte eine hypochondrische Störung haben. Hier kommt der Patient mit einer Diagnose, von der er selbst überzeugt ist (allerdings nicht vollständig wahnhaft)... allerdings ist hier die absolut zwingende Voraussetzung gemäß der ICD10, dass der Patient diese "wiederholt dem Arzt anbietet, um seine Diagnose bestätigt zu bekommen". Er wird von Arzt zu Arzt "hüpfen" und verzweifelt versuchen , seine Krankheit behandelt zu bekommen. Das kann ich in diesem Fall nicht erkennen... er scheint nicht zum Arzt zu laufen?
5. Münchhausen-Syndrom ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Erkrankter sich absichtlich und vorsätzlich Symptome zufügt, mit denen er ebenfalls nachhaltig die Ärzte bemüht... hier mit dem ganz klaren Ziel, die Krankenrolle einzunehmen um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erfahren. Darum geht es dem Patienten mit dieser sehr schweren Störung in erster Linie. (Vorsicht, hier ist nicht die Simulation gemeint, die ist nochmal anders). Das konnte ich jetzt in deiner Beschreibung nicht finden, kann ja sein, dass der Film das so hergibt.
6. Es könnte sich um eine schlichte Phobie (vor Strom?) handeln, auch das würde man gezielt erfragen
Du siehst, wie spannend eine Differenzialdiagnose sein kann und auch ist
Was auch spannend zum Üben ist: mit dem Lernpartner gemeinsam überlegen, wie die Abgenzungs-Fragen zur einzelnen Störung aussehen würden.
Tatsächlich ist das sogar häufiger Bestandteil von mündlichen Überpüfungen, von daher auf keinen Fall vergeudete Lebenszeit.
Ich wünsche dir weiterhin viel Freude beim Lernen!
Regina
Wenn dir jemand Zitronen ins Glas kippt, mach LIMONADE draus!"
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