interessante Fragen, wertvolle Fragen, ja! Danke fürs Aufgreifen!
Ich als Forums-Frischling erlaube mir, Ihnen darauf zu antworten.
Von Kindesbeinen an wuchs ich mit Tieren auf, Anzahl und Tierarten würden den Rahmen sprengen, wenn ich alles hier aufführen würde.
Ich halte mir noch zwei Pferde, "noch" deshalb, weil es ursprünglich eine Herde von sechs Tieren war. Inzwischen sind vier Pferde verstorben, alle in hohem Alter, das Shetty war fast vierzig Jahre alt. Ich halte meine Pferde am Haus, deshalb konnte ich alle bis zum letzten Atemzug begleiten; ich holte mir einen Strohballen und setzte mich daneben. Das letzte Wiehern meiner Stute Lenchen habe ich heute noch im Ohr, ich kann es jederzeit aus dem Gedächtnis abrufen. Lenchen war an Krebs erkrankt, hatte aber jahrelang keine Schmerzen, denn sie futterte mit Appetit Heu, Gras und Rüben und lebte ganz normal in der Herde und fühlte sich offensichtlich wohl. Doch eines Morgens fiel sie vor der Futterkrippe einfach um - und mir vor die Füße. Sie versuchte aufzustehen, immer und immer wieder, aber die Kräfte reichten nicht mehr. Ich legte einen Strohwisch unter ihren Kopf und deckte sie mit einer Decke zu, es war der 6. Februar 2017. Die Sonne schien, aber es war kalt. Während ich Lenchens Kopf streichelte, zog sich das Licht aus ihren Augen zurück, so, als ob die Stute immer mehr nach innen blicken würde, in eine andere uns fremde ferne Welt. Bevor das Licht in ihren Augen endgültig erlosch, hob Lenchen mit letzter Kraft ihren Kopf, bäumte sich auf - und presste ein Wiehern heraus, ein letztes Lebenszeichen einer verlöschenden irdischen Existenz. Dann war Lenchen tot. Ihre Tochter, die Stute Georgey, stand daneben, mit gesenktem Kopf. Diesen Tag und die Nacht über ließ ich Lenchen liegen, vor dem Offenstall, zugedeckt mit ihrer Decke. Georgey und Pony Paul hielten Totenwache. Um sechs Uhr morgens wieherte Georgey den Mond an. Ein letzter Gruß für ihre verstorbene Mutter, mit der sie sich prächtig verstand, die beiden waren ein Herz und eine Seele. Georgey und Paul trauerten eine Woche lang, nachdem der Abdecker Lenchens toten Körper auf den LkW gehievt hatte. Lenchen war eine ganz besondere Stute, sie hatte sich mich als Besitzerin ausgesucht. Eigentlich wollte ich kein weiteres Pferd mehr, aber Lenchen lief mir wochenlang hinterher. Sie lebte damals auf einem Hof in Niederbayern, wo sich keiner um sie scherte. Als sie mich zum ersten Mal sah, wieherte sie und wich mir nicht mehr von der Seite. So habe ich sie gekauft und nach Norddeutschland mitgenommen, wo ich heute mit meiner Familie und meinen Tieren lebe.
Einen besonderen Hund habe ich noch, einen Belgischen Schäferhund, einen Malinois, er wird bald dreizehn Jahre alt, ein biblisches Alter für diese Rasse. Dieser Hund brachte mich immer wieder schier zur Verzweiflung, er war vom ersten Tag an hochnervös, höchst aggressiv und enorm anstrengend. Nach dem Tod meiner geliebten Schäferhündin Huschi 2009 wollte ich wieder einen Hund und fuhr zu einer Züchterin nach Bremerhaven. Dort suchte ich mir aus dem Wurf eine Hündin aus. Die wurde mir letztendlich aber nicht zugeteilt, sondern ich bekam einen Rüden in den Arm gedrückt, weil der anscheinend übrig geblieben war und ihn keiner wollte. Er hatte eine Bisswunde am Rücken, woher, das erfuhr ich nicht. Wir kauften den Hund. Und dann fing das Drama an. Kroschka, wie wir ihn nannten, schlief kaum, fraß nicht, war heikel und wollte Tag und Nacht spielen. Immer einer von uns schlief neben ihm, damit er sich einigermaßen beruhigte. Wir fanden dann bald heraus, wo es bei Kroschka haperte. Er hatte Angst. Und die Angst machte ihn aggressiv. Er fletschte, wenn man ihn tragen wollte, er ließ sich keine Leine anlegen, sondern rollte sich auf den Rücken. Er erbrach sich monatelang, fing an, sich wund zu kratzen. Wir stellten mehrmals seine Ernährung um, weg vom Fertigfutter - hin zum täglichen Kochen. Zuerst Reis und Rinderhack, nach einigen Jahren dann Kartoffeln, Huhn und Hipp-Gläschen. Es dauerte zwei Jahre, bis Kroschka etwas ruhiger wurde. Wir unternahmen lange Spaziergänge mit ihm, auf denen er sich aber immer schrecklich fürchtete, wenn ihm jemand entgegenkam, so, als hätte er als Welpe bei der Züchterin Schlimmes erlebt. Jahrelang kümmerte sich die ganze Familie um diesen Hund, alles richtete sich nach ihm aus, wir versuchten, ihn zu "lesen", was immer besser gelang. Zum Tierarzt gingen wir mit ihm schon lange nicht mehr, da regte er sich so auf, dass es ihm tagelang hinterher schlecht ging. Mein Mann ist Humanmediziner, da können wir ihn selbst impfen und versorgen. Kroschka hatte jahrelang Probleme mit seiner Prostata, da waren wir 2015 bei einer Tierärztin, die riet zur Kastration. Das war unsere letzte Konsultation beim Veterinär. Wir besorgten Kroschka ein Medikament, daraufhin ging es ihm sichtlich besser. Heute hat er keine Probleme mehr mit seiner Prostata, das ist rum.
Seit drei Jahren nun genießt unser Hund seinen Lebensabend in vollen Zügen. Er spielt noch täglich mit seinem Seil, hört, läuft und sieht gut. Ihm wird täglich frisch gekocht und er nimmt viermal am Tag kleinere Mahlzeiten ein, um seine empfindliche Peristaltik nicht zu belasten. Kroschka bleibt auch mal alleine zuhause, wenn wir einkaufen oder Termine zu erledigen haben, er schläft nachts brav durch, macht nichts kaputt und liegt mir gerade zu Füßen. Er ist heute der angenehmste, treueste und brävste Hund, den man sich vorstellen kann. No problem! Aber wenn ich zurückblicke auf die Dramen, die wir mit ihm erlebten, dann muss ich sagen, kein weiteres Mal mehr, das würde mein Nervenkostüm sprengen. Wenn ich nur daran denke, wie Kroschka mal seine lange Schnauze in ein Loch im Balken der Scheune steckte, ein Wiesel heraus schoss und unseren Hund direkt neben dem Auge ein Stück Fell und Fleisch herausriss ... nicht auszudenken, wenn das Wiesel ihm ins Auge gebissen hätte ...
Für Kroschka muss man immer mitdenken, man muss ihm in allem voraus sein. Was möchte er jetzt gleich? Wieso schaut er einen fragend an? Geht's ihm nicht gut? Welche Konsistenz hat der "canide Stuhl"? Mal einen Blick darauf werfen ... ;-) Ist unser Hund zum Misthaufen geschlichen und hat einen Pferdeapfel verschlungen, der ihm dann hinterher wieder seine Peristaltik ruiniert? Fragen über Fragen ... täglich! Ja, so geht es einem, wenn man ein hochsensibles Tier hat, das "an den Rändern läuft", wie ich es nenne.
Ich freue mich auf weitere interessante Beiträge zum Thema "hochsensibles Tier".
Beste Grüße aus Norddeutschland,
Maggie