Seit 2001 beschäftige ich mich durch die Krankheit meines Bruders konkret mit diesem Thema. Es erhitzt immer wieder die Gemüter und die Reaktionen und Bemerkungen auf ein „Nein“ wiederholen sich gebetsmühlenartig.
Am Anfang wollte ich gerne einen Teil meiner Lunge spenden. Diese Option besteht grundsätzlich, ich kam damals aber medizinisch nicht in Frage.
Ich bemerke, dass die Beantwortung der Frage ein Prozess sein kann, sobald man sich mit dem Thema Leben versus Tod auseinandersetzt.
Manchmal wird der Eindruck geweckt, Spender seien die guten und Verweigerer die schlechteren Menschen. Oder liegt hier eher ein unreflektierter und unerlöstes Helfersyndrom vor? Eine Beeinflussung der Menge durch die einseitigen Medien?
Der Buddhismus legt Wert auf einen ungestörten Sterbeprozess. Und er setzt sich intensiv mit dem Sterben auseinander. Puh. Es ist ein harter Weg sich mit dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen.
Liegt hier die „Erlösung“? Aber auch im Christentum haben wir eine Sterbekultur. Doch wer kennt unter uns noch Aufbahrungen, Rosenkranz beten und hat einen Leichnam gewaschen und über Nächte bewacht? Eines machen wir aber anscheinend intuitiv: das Fenster öffnen.
Können wir tatsächlich mit einer Organspende Leben spenden? Wie oft habe ich diese Antwort erhalten? Ich bewundere euch, wenn ihr schon so weit seid. Ich bin es nicht.
Ich wertschätze Leben und ich kann es in gewisser Weise beschützen und behüten. Ehren und lieben. Aber dann komme ich schon an meine Grenzen. Es liegt nicht mehr in meiner Hand. Wenn mein Ego sich dann so wichtig macht, bekommt er eins auf die Mütze.
Die Menschen, die eine klare Haltung für die Organspende haben, haben meine Hochachtung. Meine Haltung ist beweglich. Mir ist bewusst, dass ich sie gerade nicht in einer Ausnahmesituation tätigen muss.
Wie furchtbar ist es, wenn dein verunfalltes Kind als Spender in Frage kommt und du stehst noch völlig im Schock und du wirst daran erinnert, dass du diese Frage im Alltagsleben positiv beantwortet hast. Dein Kind ist rosig, die Hände warm, es riecht und schwitzt vielleicht...die Maschinen werden abgestellt…
...und eines Tages fragst du dich, wie weit du dich verantwortlich gemacht hast. Ob du zu früh aufgegeben hast? Ob du alles richtig gemacht hast. Und diese Fragen begleiten dich immer wieder.
...Jahre später darfst du Kontakt haben mit den Empfängern. In denen ja „das eigene Kind ein Stück weiter lebt. Der frühe Tod war nicht umsonst“. Du erfährst, dass Empfänger Karl seither nicht mehr Klassik hört sondern Techno. Die Lieblingslieder deines Kindes.
...oder im Empfänger Hans-Otto findet eine emotionale Veränderung statt. In unserer DNA sind traumatische Erlebnisse über Generationen hinweg gespeichert. Sein Umfeld ist irritiert. Und er auch. Und dir wird bewusst, dass du Eigenarten deines Kindes in einem fremden Körper und Wesen erlebst.
Es gibt ganz viele Hinweise, dass unsere Seele bei einem gewaltsamen Tod ebenfalls betroffen ist. Was geschieht, wenn ihr die Zeit genommen wird?
Was geschieht mit unserem Bewusstsein? Mein Körper besteht nun auch noch aus Wasser. Wasser kann ich laut Emoto mit Bewusstsein erreichen. Sogar Körpergewebe in einer Petrischale lässt sich vom eigenen Bewusstsein beeinflussen.
Nun ist aber ein Teil von Körpergewebe noch auf der Erde und lebt in verschiedenen Menschen. Mit anderem Bewusstsein. Was geschieht dann mit dem Spender (Seele, Bewusstsein) auf der anderen Seite?
Ich habe viele Fragen ... und nein! Ich habe nichts geraucht oder getrunken

Ich wünsche mir von den Kollegen aus dem Bereich der Psychotherapie, dass ihr Möglichkeiten gewinnt, die betroffenen Menschen aufzufangen. Sei es die Angehörigen. Sei es die - möglichen Verwirrungen - von Empfänger. Denn die Langzeitfolgen, auch spiritueller Natur, sind uns noch nicht bekannt und vertraut.