vor mir sitzt mein 53jähriger Bruder mit Laurell-Eriksson-Syndrom / Alpha1Antitrypsinmangel. Es bedeutet, er hat einen ausgeprägten Fassthorax (Emphysem) wegen COPD und trotz dem ewigen Klicken der permanenten 02 Versorgung leidet er unter erheblicher Atemnot und ist nicht belastbar.
Sein Zeitfenster für die Transplantation ist abgelaufen. Wir haben uns also aus verschiedensten Blickwinkeln mit diesem Thema beschäftigt. So direkt betroffen zu sein, ist es ein sehr schmerzhaftes Thema. Aus der Ferne betrachtet mag es ein interessantes "Ersatzteillager" sein. Ob unser Körper es auch so sieht wie die Elektronik und Technik vor unserer Nase und Umgebeung?
Als sehr belastend empfand ich immer diese stetige Verfügbarkeit. Immer und überall könnte ein Anruf kommen und innerhalb kürzester Zeit / 30 Minuten wird man vor Ort abgeholt. Ich hatte im Oktober 2018 eine Eigenbedarfskündigung und die Käuferin bekam während meiner Auszugsphase diesen Anruf und zog mt einer neuen Niere ins Haus ein. Es bedeutet, dass es wiederum ein langes Zeitfenster gibt, ob der Körper dieses Organ angenommen hat. Hoffnung ...Absturz...großes Gefühlschaos...wie gehen unsere Hormonkreisläufe damit um?
Dann folgt ein Leben lang eine tägliche Medikamenteneinnahme. Immer. Ohne Ausnahme. Wir reden von gehörigen Mengen, die das Immunsystem unterdrücken. Kommt irgendwann eine Abneigung oder werden sie mit Dankbarkeit eingenommen?
Neulich war ein Bericht in Docnews. Irgendeine Organtransplantation und anschließend eine dramatische Anaphylaxie. Was war passiert? Die Empfängerin konnte später berichten, dass sie genußvoll eine Stulle mit Erdnusbutter gegessen hat. Ging ja immer. Doch der Spender hatte eine Erdnussallergie.
Und sie jetzt auch.Was wird noch kommen?
Wenn ich dann das Tibetische Totenbuch lese...Die Zeit Inkarnation / Exkarnation bin ich restlos überfordert und habe keine klare Meinung mehr.
Ganz schlimm finde ich, dass ich in bestimmten Ländern (EU) sehr klar schriftich festhalten muss, dass ich ggf. NICHT spenden möchte. Sonst BIN ich Spender.
Vielleicht gehen wir das Thema von der falschen Seite aus an. Möglicherweise geht es auch darum, zu lernen und zu akzeptieren, dass es Grenzen gibt. Ein Aufruf, sich mit Spiritualität, Leben und Sterben zu beschäftigen. Frieden zu finden, dass der Tod zum Leben gehört.
Es müssen sehr starke Seelen sein, die uns mit diesem Thema konfrontieren. Vor diesen Seelen verneige ich mich und sie lehren mich Dankbarkeit für das Alltägliche.
Wie gesagt:
vor mir sitzt mein Bruder mit dem ewigen Ticken des mobilen Sauerstoffgerätes und das Pfeiffen und Giemen seiner Lunge. Sein Innehalten bei kleinster Belastung. Das Wissen, seiner Not und weitere Verschlimmerung. Und sei es ein banaler Infekt.
Britta