Gleich eine meiner ersten Patientinnen belehrte mich eines besseren: Es war eine alte Bäuerin, die durch die Arbeit am Feld so krumm war, dass sie so vornüber gebeugt lief, so dass ihre Hände dabei den Boden berührten. Auf der Straße bewegte sie sich nur mit Hilfe eines Fahrrades, auf das sie sich mit den Armen aufstützte und so vor sich herschob. Auf diese Art war sie auch in meine Praxis gekommen.
Sie tat mir so unglaublich Leid, das kann ich gar nicht sagen. Obwohl ihre Augen von innen her liebevoll strahlten und ich glaube, ich bin nie wieder einer Person begegnet, die so viel Liebe ausstrahlte.
Bei der Untersuchung stellte ich fest, dass etwas mit ihrem Unterschenkel nicht Ordnung war. Sie wiegelte zunächst ab, aber dann stellte ich fest, dass sie ein offenes Bein hatte und nachdem der Strumpf herunter war, kam ein dreckiger Lappen zum Vorschein, der auf der offenen gammelnden Stelle lag.
Dass das Bein offen war, wusste die Patientin nicht, da sie nur sehr schlecht sehen konnte.
Auf so etwas war ich während meiner Ausbildung überhaupt nicht vorbereitet worden.
Wie gehe ich mit meinen eigenen Emotionen um, die bei so etwas aufsteigen.
Braucht die Patientin mein Mitleid? Oder was braucht sie genau von mir? Sicher habe sich viele, die im heilenden Beruf sind, damit auseinandergesetzt! Welche Erfahrungen habt ihr gemacht??