Pat. männl., 24 J.
Sportart: Radrennfahren
Training: 2-3 h/ Tag Ausdauer + 2-3 mal/ Woche Krafttraining
Beschwerden: Schmerzen der LWS ausstrahlend nach cranial unter Belastung nach 1- 1,5 h. Nacken und Schulterregion betroffen.
Vorerkrankungen: Beinlängendifferenz 1 cm, durch Unterlage "ausgeglichen", keine Änderung der Beschwerden
Sitzposition wurde verändert, keine Besserung.
Fragen an den Pat. :
- Krafttraining: Freies Training oder Geräte? Stimmen Geräteeinstellungen, stimmen Gewichte/ Widerstände, Wiederholungen/ Sätze?
- hat er auch in Ruhe Schmerzen? Tritt der Schmerz beim Krafttraining auf? Wenn ja, bei welchen Übungen?
- wann bessert/ verschlimmert sich der Schmerz?
- Gibt es Vorerkrankungen?
- Erkrankungen der Familie?
Inspektion/ Allg. Untersuchung:
- Asymmetrien? Kopf, Schultern, Becken, Knie (Vorderansicht)
- Wirbelsäule unauffällig?
- nach vorne Überbeugen, seitlich beugen, nach hinten beugen--> Schmerzhafter Bogen?
- Wie beweglich ist der Pat.? Tritt Schmerz auf? Wann und wann lässt er wieder nach?
- Pat. abhören: Lunge, Herz
- Pat. abtasten: Gibt es Verhärtungen/ Schutzspannung in best. Regionen, besonders LWS, Nacken, Schultern, kurze Nackenmuskeln? Gibt es Blockaden der WS, Kopfgelenke?
- Spine Test--> ISG frei?
- Dehntests: Gesäß, Oberschenkel, Waden, Bauchmuskel, Brustmuskel
- Widerstandstest: Rückenstrecker
--> bestehen muskuläre Ungleichgewichte?
Radfahrer liegen ja schon sehr vornüber und haben somit eher eine verkürzte Vorderseite und Dehnung auf der dorsalen Seite. Die Arme werden gestreckt und vor den Körper genommen, das spannt die brust und schulter an. Wenn der Oberkörper so tief liegt, muss der Radfahrer den Nacken sehr überstrecken, um was zu sehen, vllt. daher auch Nackenschmerz , Stimmt die Höhe des Lenkers?
Auffällig ist, dass der Pat. sehr viel trainiert und wenig Pausen macht. Ich würde ihm eine Reduktion des Trainingsumfangs empfehlen und gucken, ob die Beschwerden danach wieder unter gleichen Konditionen auftreten.
Wenn sie noch da sind, würde ich ihn das Rennrad mitbringen lassen und ihn fahren lassen. Dann sieht man, wie er drauf sitzt. Oder würde ihn auf ein Fahrradergometer setzen und die Einstellungen so wählen, dass er "seine Trainingssitzposition" hat. Wenn die Position stimmt, würde ich ihn losradeln lassen und gucken, ob der Bewegungsablauf physiologisch ist. Normalerweise müsste das Becken durch das Sitzen fixiert sein. Die Beinlängendifferenz dürfte also keine Auswirkungen auf die LWS haben.
Schlenkert er aber mit dem Hintern rum und hat viel Bewegung im ISG/ der LWS, kann das natürlich auch die Ursache dafür sein, dass er Schmerz entwickelt.
Man könnte ihn fahren lassen und gucken, nach welcher Zeit und nach welcher Belastung er Schmerzen bekommt, sind diese rückläufig, wenn man die Position aufrechter wählt oder den Widerstand verändert?
Hlfreich ist es zu wissen, dass der Schmerz hochwandert und auch erst nach einer gewissen Zeit unter Belastung auftritt. Ich würde vermuten, dass die Ursache ein Belastungsungleichgewicht ist. Wenn der Orthopäde schon keine Auffälligkeiten (außer Beinlängendifferenz) gefunden hat, gehe ich davon aus, dass das Problem eher weichteilbedingt ist. Verschleiß ist möglich. Muskuläre oder fasziale Ungleichgewichte können ganze Muskelketten in ihrem Energiehaushalt stören, zu ausstrahlenden Schmerzen führen und auch die Organfuntkionen beeinträchtigen. Schmerzen in der LWS können ebenso von einer energetischen Dysfunktion innerer Organe herrühren. Wegen LWS Schmerz lasègue Zeichen testen. 3. LW ist mit der Blase assoziiert. Viele Rennradfahrer haben vermehrte Mikrotraumata im Bereich der Blase und Nieren. Also Urintest machen und gucken ob Hämaturie vorliegt.
Wegen der Schulter/ Nackenschmerzen noch mal den 6. HW angucken, liegt eine Infektion vor? Rachen/ Mandelschmerzen?
Auch neurologische Ursachen sind nicht auszuschließen. Auch Durchblutungsstörungen sind denkbar, da über lange Zeit ein hoher lokaler Druck auf die Blutgefäße ausgeübt wird.
Hat der Pat. Hautausschläge? Missempfindungen in bestimmten Bereichen?
Fazit:
Wenn der Pat. Schmerz hat, will der Körper ihn auf ein bestehendes Energieungleichgewicht aufmerksam machen. Dabei muss die Ursache nicht dort sein, wo der Schmerz ist. Der Körper reagiert immer korrekt. Also muss es eine Ursache geben, die den Körper zu genau den Symptomen zwingt, die der Pat. zeigt. Wandernder Schmerz weißt auf die Beteiligung mehrerer Strukturen und deren Zusammenwirken hin. Verbindendes Element des Körpers ist das Bindegewebe. Schmerz wird über Nerven vermittelt. Da der Schmerz unter Bewegung auftritt, müssen Muskeln beteiligt sein.
Dann würde ich gucken, welche Muskeln, Nerven und bindegewebige Strukturen Schulter, Nacken und LWS gemeinsam haben und welche Strukturen bei > 1- 1,5 h und der Körperposition eines Radrennfahrers besonders störungsanfällig sind.
Eine konkrete Verdachtsdiagnose kann ich nicht stellen, weil ich auf meine Fragen ja keine Antworten habe. Am wahrscheinlichsten wäre aber eine Ursache in einem Energieungleichgewicht der Weichteile. Entweder durch Fehlbelastung (in Intensität, Dauer oder intermuskulärer Koordination) oder durch bestehende Energiekrisen des Bindegewebes, auch der Organe (Stroma) möglich.
edit:
dann ist es nur komisch, dass der Osteopath nichts gefunden hat. Oder hat er nur keine Triggerpunkte gefunden?