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D wie Dysphagie - Druckversion

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D wie Dysphagie - Rilubi - 16.11.2020

Ihr Lieben,

heute geht es um die Schluckstörungen und deren Ursachen, die sehr vielseitig sind.

DYSPHAGIE = Schluckstörung

Definition: 
subjektiv erschwerter Schluckvorgang
Störung des Schluckvorganges zwischen Lippen und Mageneingang

Symptome:
- Sodbrennen
- Retrosternale Schmerzen
- Gewichtsverlust

Ursachen: vielfältig -> Ich stelle diese weiter unten ausführlicher dar.
Diagnostik: nach vermuteter Ursache
Therapie: nach Ursache

Formen (Einteilung) der Dysphagie:
-> in Abhängigkeit davon, wann im Schluckvorgang es zu Schluckbeschwerden kommt
1) Oropharyngeale Dysphagie = Schluckbeschwerden in der oralen oder pharyngealen Phase
       * Orale Phase: Schluckbeschwerden zu Beginn der Nahrungsaufnahme mit Speichelfluss, Dysarthrie, Austritt von Speisebrei aus dem Mund
       * Pharyngeale Phase: 
            - Speisebrei fließt vor Auslösung des Schluckreflexes ab oder 
            - Husten während Nahrungsaufnahme durch Aspiration und nasale Regurgitation
2) Ösophageale Dysphagie = Verortung der Schluckbeschwerden im Ösophagus
       * Passagebehinderung und Steckenbleiben im Ösophagus oder 
       * Hochwürgen der Nahrung kurz nach Beginn des Schluckaktes
3) Funktionelle Dysphagie

Hintergrundwissen:
am Schluckvorgang beteiligte Hirnnerven: IX (Nv. Glossopharyngeus, X (Nv. Vagus), XII (Nv. Hypoglossus)
-> Quergestreifte Muskulatur des oberen Ösophagusdrittel = überwiegend von Nervus Vagus (X. HN) versorgt
-> Glatte Muskulatur ab Ösophagusmitte 
     = vor allem reflexartige Regulation durch Auerbach-Plexus 
                                                                          v
                                      o Geflecht aus multipolaren Nervenzellen und Fasern des VNS, 
                                         o organisiert in kleinen Ganglien,
                                         o durchzieht fast gesamten Gastrointestinaltrakt,
                                         o in der Tunica muscularis, zwischen Längs- und Ringmuskulatur,
                                         o Teil des enterisches Nervensystem,
                                         o reguliert Motalität von Speiseröhre, Magen Darm + Enzymsekretion in Darmlumen
                                         o -> Morbus Hirschsprung:
                                                 = Ausfall oder fehlende Anlage der longitudinalen und zirkulären Muskulatur
                                                 = angeborene Veränderung der neuronalen Strukturen des Darmwandplexus
             + parasympathische und sympathische Impulse: Sympathikus hemmt!

Bezüglich der Beteiligung von Nv. trigeminus und Nv. facialis sind sich die Quellen offenbar nicht einig. 
Bei einigen werden der Nv. facialis und der Nv. trigeminus dazu genommen, bei anderen werden nur die drei Hirnnerven IX, X, XII genannt.

• Der Nv. trigeminus (V. HN) innerviert die Kaumuskulatur.
• Der Nv. facialis (VII. HN) ist verantwortlich für den Lippenschluss, die Kieferöffnung, den Wangentonus und die Speicheldrüsen.
• Der Nv. glossopharyngeus (IX. HN) beeinflusst den Pharynx, die Zunge und die Speicheldrüsen sowie die Geschmackswahrnehmung.
• Der Nv. vagus (X. HN) bzw. Äste bewirken u.a. den Verschluss und die Öffnung des oberen Ösophagussphinkters  und des Glottisschlusses.
• Der Nv. hypoglossus (XII. HN) ist verantwortlich für die Zungenbewegung.

Ursachen:
Ich habe mich hier an zwei verschiedene Einteilungen probiert und da ich mich noch nicht entscheiden kann, welche sich besser in meinem Kopf verankert, stelle ich euch beide ein. Schaut mal, mit welcher ihr besser zurecht kommt:

* Kopf-Fuß-Finger-Schema:

Kopf -> Gehirn: 
     raumfordernde Prozesse: Apoplex, intrakraniale Blutungen, Tumore, Alzheimer-Demenz, Parkinson-Krankheit, Multiple Sklerose, ALS, 
     Chorea Huntington, Myasthenia gravis, Guillane-Barre-Syndrom
Kopf -> Gesichtsbereich: 
     Frakturen des Ober-, Unterkiefers
     Entzündungen Rachenschleimhaut oder Zunge, Zungentumore
     Stomatitis
Rachen:
     Pharyngitis, Laryngitis, Anginen, Glottisödem, Tonsillenhypertrophie, Tonsillarabszesse
Speiseröhre:
     Ösophagitis, Verwachsungen bei chron. Ösophagitis, Achalasie, Varizen, Refluxkrankheit, Verätzungen, nach Bestrahlungen,
     Zenker-Divertikel, Nussknackerösophagus, verschluckte Fremdkörper (Kinder)
Schilddrüse: 
     Großes Struma, Thyreoiditis, Schilddrüsentumore
IKH: 
     Epiglottitis, 
     alle IKH mit Anginen wie Diphterie, Mononukleose; 
     Botulismus, Tetanus, Tollwut, Poliomyelitis, Neuro-Syphilis
Herz, Gefäße: 
     Herzdilatation, Vergrößerung des linken Vorhofes, ‚
     Aortendilatation oder -aneurysma im Bereich der mittleren Ösophagusenge
Allergien: 
     Insektenstiche in Mund+Rachen, Lebensmittelallergien, ...
Angeboren: 
     Mund-, Kiefer-, Gaumenspalte
Autoimmun: 
     Myasthenia gravis
     Kollagenosen: Sklerodermie, SLE, Sjögren-Syndrom
Gewebe, Haut: 
     Hiatushernie
Medikamente: 
     Calciumantagonisten, Nitrate, Neuroleptika, Statine
NS -> ZNS: 
     Lähmung der am Schluckvorgang beteiligten Hirnnerven (IV, X, XII)
NS -> PNS: 
     Polyneuropathie (bei Diabetes mellitus, Alkoholkrankheit)
Psyche:
     Globus hystericus
Stoffwechsel: 
     Ca-Mangel, Eisenmangelanämie, B12-Mangelanämie
Tumore:
     Mediastinaltumore und Metastasen im Mediastinum
Gesamtsystem: 
     Exsikkose, 
     Candidosen (Mund, Rachen, ... = Gastrointestinaltrakt)

* Einteilung nach Hindernissen und Erkrankungen:

-> Mechanische Hindernisse:
     a) Innere Hindernisse:
          • Ösophagitis (Entzündung) + Verwachsungen im Ösophagitis-Stadium IV
          • Verätzungen
          • Bestrahlungen
          • Candidosen
          • Reflux
          • Achalasie
          • Ösophaguskarzinom
          • Verschluckte Fremdkörper -> Notfall! Vor allem bei Kindern, bei Erwachsenen eher selten.
   b) Äußere Einengungen:
          • Tonsillenhypertrophie
          • Peritonsillarabszess = Abszess im Gaumenmandel umgebenden lockeren Bindegewebe, häufigste Komplikation der Mandelentzündung
          • großes Struma
          • Thyreoiditis
          • Vergrößerungen des linken Herzvorhofes
          • Mediastinaltumore
          • Aortenaneurysma im Bereich der mittleren Ösophagusenge
          • Zenker-Divertikel (selten) -> an Rachenhinterwand im Übergang zur Speiseröhre
          • Zungentumore und andere Erkrankungen der Zunge mit Schwellung

-> Muskuläre Hindernisse:
     a) Störungen der Ösophagusperistaltik = idiopathische oder medikamentöse Ursache
           -> Spasmen oft von Schmerzen begleitet
           -> Hypo- oder Hyperperistaltik
     b) Infektiöse Erkrankungen:
          • Allgemein: Anginen
          • Botulismus
          • Diphterie
          • Mononukleose
          • Neurosyphilis (Stadium 3)
          • Poliomyelitis
          • Tetanus (Toxine)
          • Tollwut
     c) Erkrankungen, die Störungen der Muskulatur bewirken:
         • Schlaganfall
         • Alzheimer-Demenz
         • Parkinsonkrankheit
         • Multiple Sklerose
         • Myasthenia gravis = Autoimmunkrankheit 
             -> Störung neuromuskulärer Signalvermittlung durch Blockade von Acetylcholin-Rezeptoren der motorischen Endplatte durch Auto-AK
         • Paresen einzelner, am Schluckvorgang beteiligter Nerven
         • Polyneuropathie (bei Diabetes mellitus, Alkoholkrankheit)
         • Guillam-Barre-Syndro
         • Chorea Huntington
     d) Medikamente:
         • Calciumantagonisten
         • Nitrate

-> Systemische Erkrankungen:
         • Kollagenosen (Sklerodermie, SLE, Sjögren-Syndrom)
         • Plummer-Vinson-Syndrom

Es ist recht viel, aber ich hoffe, es ist für die eine oder den anderen unter euch ganz spannend zu schauen, welche Einteilung besser passt.
Viel Spaß und liebe Grüße
Sabine


RE: D wie Dysphagie - Gini - 17.11.2020

Whow liebe Sabine,

das ist ja klasse - gleich mit verschiedenen Strukturmöglichkeiten.
Toll, vielen Dank dafür.

LG Gini


RE: D wie Dysphagie - *Doreen* - 17.11.2020

Liebe Biene,
jetzt bin ich ja baff - echt toll gemacht und super nachbereitet nach unserem Lerntermin. Ich bin grad sehr begeistert top2


RE: D wie Dysphagie - marenlaupen - 17.11.2020

Hallo,

Wow. Ein großes Thema und nur ein Wort und es begleitet so viel.

Mir ist nur nicht ganz klar warum der N. Trochlearis beim Schluckakt beteiligt sein soll? Ich hätte jetzt eher an  trigeminus  und fascialis gedacht?

LG  Maren


RE: D wie Dysphagie - Rilubi - 18.11.2020

Hallo Maren,

du hast recht, da war ich nicht aufmerksam genug und habe mich beim Übertragen verschrieben. Das tut mir leid.
Es ist nicht der vierte, sondern der neunte Hirnnerv, der noch maßgeblich am Schluckvorgang beteiligt ist.

Bezüglich der Beteiligung von Nv. trigeminus und Nv. facialis sind sich die Quellen offenbar nicht einig.
Bei einigen werden der Nv. facialis und der Nv. trigeminus dazu genommen, bei anderen werden nur die drei Hirnnerven IX, X, XII genannt.
Ich habe hier noch mal rausgeschrieben, wie welche Nerven den Schluckvorgang beeinflussen.

* Der Nv. trigeminus (V. HN) innerviert die Kaumuskulatur.
* Der Nv. facialis (VII. HN) ist verantwortlich für den Lippenschluss, die Kieferöffnung, den Wangentonus und die Speicheldrüsen.
* Der Nv. glossopharyngeus (IX. HN) beeinflusst den Pharynx, die Zunge und die Speicheldrüsen sowie die Geschmackswahrnehmung.
* Der Nv. vagus (X. HN) bzw. Äste bewirken u.a. den Verschluss und die Öffnung des oberen Ösophagunssphinkters und des Glottisschlusses.
* Der Nv. hypoglossus (XII. HN) ist verantwortlich für die Zungenbewegung.

Ich habe es in der Übersicht korrigiert und vielen Dank für's aufmerksame Lesen.

Liebe Grüße
Sabine