Heilpraktikerschule Isolde Richter
Änderungen im Breich der Blutegeltherapie - Druckversion

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Änderungen im Breich der Blutegeltherapie - Nicole Kremling - 29.09.2020

Der Blutegel in einer rechtlichen Grauzone – Informationen für praktizierende Tierheilpraktiker

Das Thema der Anwendung von Blutegeln am Tier durch den THP wird immer wieder sehr widersprüchlich diskutiert. Mein Verband hat seine Mitglieder hierzu ausführlich aufgeklärt und ich möchte es nicht versäumen, Euch diese Informationen weiterzugeben.

Ich möchte mit der Anwendung am Pferd beginnen: Zunächst einmal ist die Anwendung des Blutegels am Pferd, das der Lebensmittelgewinnung dient, grundsätzlich verboten!

Ihr wisst, dass jedes Pferd einen Equidenpass haben sollte, in dem vermerkt ist, ob es sich um ein Schlachttier handelt oder nicht. Liegt Euch kein Equidenpass vor, ist das Pferd automatisch als Schlachttier anzusehen.
Nun wäre die logische Schlussfolgerung, dass man Pferd, die im Equidenpass als Nicht-Schlachttiere vermerkt sind, mit Blutegeln behandeln darf. Einige Juristen sehen das aber anders, weil die Möglichkeit, das Pferd überhaupt zum Nicht-Schlachttier zu deklarieren ja geschaffen wurde, um dem Tierarzt die Möglichkeit der Umwidmung bestimmter Arzneimittel durch einen Therapienotstand zu geben, das heißt, dass er dann Medikamente nutzen kann, die er einem Schlachttier nicht verabreichen dürfte. Diese Juristen gehen davon aus, dass diese Option nur dem Tierarzt vorbehalten ist und nicht dafür geschaffen wurde, damit der THP therapieren darf.
Es ist also keineswegs so klar, was man mit Equiden darf, oder nicht.
Wenn Ihr ein Pferd, das im Equidenpass als Nicht-Schlachttier deklariert ist, nun also unbedingt mit Blutegeln behandeln wollt, müsst ihr Euch vorher den Equidenpass zeigen lassen, die Identität des Pferdes kontrollieren und damit evtl. den Chip auslesen und Ihr müsst diese Behandlung mit der Chargen-Nummer, dem Datum und Eurem Praxisstempel in den Equidenpass eintragen!

Zur Behandlung von Hund und Katze:
Im AMG steht wörtlich: „ Die Abgabe von Humanarzneimitteln, die apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sind, an die Tierhalter durch die Apotheke sind keinen besonderen Vorschriften unterlegen.“ ABER: Eine Umwidmung eines apothekenpflichtigen Humanarzneimittels ist nur durch den Tierarzt möglich.
Nun ist aber nicht wirklich klar, ob eine Umwidmung zwingend notwendig ist. Hobbytiere werden in diesem Zusammenhang im AMG nicht erwähnt. Nun kann man streiten, ob das AMG für alle Tiere gilt, und entsprechende Ausnahmen extra erwähnt werden oder ob sich das AMG hier nur auf bestimmte Tierarten bezieht, was allerdings ziemlich unwahrscheinlich ist. Mein Verband hält es eher für möglich, dass an Hund und Katze keiner so richtig gedacht hat, als das Gesetz formuliert wurde.
Dieses Problem ist erst dadurch entstanden, dass der Blutegel zu einem apothekenpflichtigen Arzneimittel gemacht wurde. Diese Einstufung ändert in diesem Zusammenhang alles.
Auch hierzu gibt es juristische Aussagen, die davon ausgehen, dass der Gesetzgeber Hund und Katze nicht im Visier hatte, als das Gesetz erlassen wurde und da beide Tierarten nicht gesondert erwähnt werden, könnte man davon ausgehen, dass eine Blutegelbehandlung an Hund und Katze durch den THP weiterhin möglich ist.
Es gibt in diesem Bereich also momentan keine wirkliche Rechtssicherheit. Örtliche Veterinärämter untersagen die Anwendung von Blutegeln grundsätzlich, haben dafür aber eigentlich keine gesetzliche Grundlage, weil das AMG ein Gesetz des Bundes ist und nur das BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) eine solche Anforderung formulieren und rechtskräftig  setzen kann.

Rechtssicherheit wird es hier erst geben, wenn es die ersten Urteile dazu gibt. Die Verbände selbst können nicht klagen.
Mein Berufsverband (Fachverband der niedergelassenen THP) empfiehlt seinen Mitgliedern offiziell, vorerst keine Blutegelbehandlungen mehr durchzuführen. Diesem Vorschlag schließe ich mich an. Natürlich obliegt es jedem selbst, ob er sich selbst in einer rechtlichen Grauzone bewegen möchte.

Wir als Schule haben reagiert und bieten das Blutegel-Seminar bis zur Klärung der gesetzlichen Grundlage vorerst nicht mehr an.  Sobald es rechtliche Sicherheit gibt, werden wir es natürlich gerne wieder anbieten.

Ich hoffe, diese Informationen sind hilfreich für Euch, liebe Grüße, Nicole