Heilpraktikerschule Isolde Richter
Sehen & gesehen werden - Anekdoten und Geschichten - Druckversion

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Sehen & gesehen werden - Anekdoten und Geschichten - Katha 4 accessibility - 11.01.2019

Die Umgebung ist nicht existent. Alles wird unbedeutend und verschwindet. Nur ich und mein Bildschirm mit dem umgekehrten Kontrast. Sehen wird überbewertet.
Wenn man den Blick zurückzieht, wie von weiter Ferne durch ein unscharf eingestelltes Fernrohr späht, dann sieht man so wie ich: Eine unbedeutende Reihe zusammengewürfelter Buchstaben und sinnfreier Worte die zu weißen Zeilen mit leuchtendem, schwarzen Hintergrund verschmelzen.
 
Die Buchstaben fangen an zu wabern und wogen, werden breiter und gleiten von links nach rechts um schließlich überzuschwappen, während ich wieder einmal händeringend meine Computermaus suche. Ich ziehe die Maus nach unten – sie verwandelt sich in einen einfallslosen Strich – und dann wieder das ganze Bild nach oben. Da springt das Programm auf die nächste Seite und das unterhaltsame Spielchen beginnt von vorne, wobei ich mich des eindringlichen Gefühls nicht erwehren kann, dass die Maus deutlich mehr Spaß an dem Fangspiel hat als ich und ich wie der allzu behäbige dicke Tom am Ende in die Röhre gucke. Doch dann habe ich sie eingefangen: Sie wird nur noch auf der gleichen Höhe von links nach rechts geschoben, auch wenn mich die Wörter dann wieder wabernd und wogend und schließlich schaukelnd und überschwappend auslachen ob meines lächerlich geringen Orientierungssinns. In der Tat würde ich eher eine weiße Hausecke wieder finden, als den unkreativen Strich in der Landschaft meines dunkel hinterlegten Bildschirms. Und wenn das nutzlose Ding schon Maus genannt wird, weshalb hat es dann keinen Maus-kopf mit großen, runden, wirklich sehr großen Ohren, sodass auch ich ihn wiederfinden kann? Ich könnte ihm einen dran kleben, dann wirkt er nicht mehr so dürr, als würde er es drauf anlegen, dass nur Benutzer mit 225% Sehstärke ihn finden könnten. Hach, dass Katz- und Mausspiel lässt mich untröstlich werden! Während ich zum hundertsten Mal darüber nachdenke, dass es doch besser wäre, sie einfach gar nicht zu nutzen, stelle ich mir dabei wieder einmal mit wachsendem Grauen vor, dass mir dann eine wabernde, wogende und schließlich überschwappende Stimme meine sinnfreien Wörter zu allem Überfluss auch noch vorlesen würde… Nein, das wäre ein äußerst lästiges Unterfangen und die Maus würde mich zurecht und voller Schadenfreude lauthals auslachen ob meiner Unfähigkeit. Es ist doch immer dasselbe: Am Ende jagt die Katze den eigenen Schwanz. Aber ich habe ihn gleich, das habe ich in der Pfote! Nein Moment, nicht meinen Schwanz, sondern den der Maus. Also den Strich auf meiner Computerlandschaft. Ich muss nur noch… eine Zeile runter und dann die Maus leicht nach links schieben – da kommt mein Kater auf meinen Schoß gesprungen, mit der unbeabsichtigten, schnurrenden Absicht meine Maus auch jagen zu wollen und meine Hand wabert und wogt und befördert vor lauter Schreck die lang gesuchte Maus in einer total unnützen überschwappenden Geste in den Rand des Nirgendwo, wo ich sie wieder von vorne suchen kann… Aber eines Tages, ich sag es dir, da fang ich sie! Ganz bestimmt! Und dann, das schwör ich dir Maus, bekommst du große, runde, extrem riesige, knallig-pinke Mausohren angeklebt!