Heilpraktikerschule Isolde Richter

Liebes Christkind,

du, ich schreib dir heute, weil ich glaub, es ist an der Zeit, dass ich dir mein Wunsch verkünde.

Ich weiß, du hast grad wenig Ruhe, ein jeder will jetzt was von dir, doch der Brief da von mir solltest halt, das wäre mir recht -

heute noch lesen - denn ich möchte auf Weihnachten, und das wäre schön, meinen "Ledigenstand" endlich aufgeben.

Du weißt ich geh auf die 40 zu, und habe vom "ledig sein" jetzt genug. Jahrelang tu ich es schon probieren, in der Zeitung inserieren.

Im "Allgäuer Anzeigeblatt" drin allezeit, meinst du das mich da eine wollte?
Keine Einzige beißt bei mir an, wer will heute schon einen Bauern als Mann?

In die Landwirtschaft, das musst du verstehen, tut heute keine Mädchen gerne gehn.

Darum hätte ich jetzt an dich eine Bitte, bring du mir halt eine mit! Ich stell auch gar keine Ansprüche nicht, ob blond, ob schwarz,
das wäre egal, ich habe da keine besondere Wahl. Sie muss nicht schlank sein, das weißt du selber, ich habe ja auch ein breiteres Gestell.

Bloß arbeiten, dass sollte sie gut können. Du weißt, ich habe einen haufen Hühner, 20 Kühe und viele Schweine, 18 Tagwerk Grund dabei.

Mein Hof, der ist schon gut beinander, gar alles auf modernstem Stand.

Jetzt wenn ich noch ein Weib hätt, dann wäre die ganze Sache komplett. Würde das klappen mit der Frau, dann würde ich für den Kirchenbau und fürs Orgel-Renovieren extra noch ein Geld spendieren. Ein Fufzgar wäre mir das schon wert, wenn mir bald ein Weib gehört.

Nach der Trauung werfe ich gleich in den Opferstock den Geldschein rein.

So, jetzt kennst du meine Weihnachtsbitte, gell Christkind, vergiß mich nicht? Ich danke dir im Voraus gleich,
meine Anschrift lege ich dir auch mit rein. Ich hoffe du lässt mich nicht lang warten,

Pfia di gott, dein Zülle Xaver.

Liebes Christkind,

du, ich schreibe dir heute wieder, der letzte Brief ist drei Jahre her. Als Junggesell habe ich mich damals gemeldet, sogar noch einen Fufzgar spendiert. - Ich bin der Xaver, unten von Zülle, der Untersetzte, mit der Brille -.

Damals wollte ich doch von dir als Wunsch eine Frau, dann hast du mir auf Weihnachten die Afra geschickt, das Geschenk ist nicht geglückt.
Gescheiter, ich wäre ledig geblieben, hätte ich bloß den Brief nie geschrieben.

Gleich nach der Hochzeit hat sie mir, das Wirthaus verboten und auch das Bier, keine Zigarre darf ich nimmer rauchen und keinen Schnupftabak mehr brauchen. Kinder mag sie auch keine haben, die würden nur im Weg rum gehen.

Vom Essen fang ich gar nicht an, das Einzige, was die kochen kann, ist Spiegelei mit Leberkäse und sonst gibts bloß Dosenfraß.

Arbeiten darf ich mehr als genug, meine Schuhe selber putzen, waschen,
bügeln, nähen, stopfen, kehren, saugen, Teppich klopfen.

Sie strawanzt in die Stadt hinein, das jeden Tag, und kauft nur ein.
Hütte und Kleider, Hosen, Röcke, Kaffeegeschirr und Silberbesteck, sogar ein Auto hat sie bestellt und ich kanns zahlen mit meinem Geld.

Die bringt mich noch um Hab und Gut, darum habe ich auch eine große Wut, und frage dich, ob´s möglich wäre, wenn gerade
ein Junggeselle käm daher, der alleine ist jetzt zur Zeit, dass man dem meine Afra gibt?
Sie ist ja äußerlich nicht schlecht, bloß für mich halt nicht die Rechte.

Der Burger Anton hat noch keine und die Leute haben gesagt, der sucht grad eine. Ich täte sie gleich dem Anton überlassen,

er müsste nicht lange Suchen gehen. Und du hättest keine Arbeit nicht, komm vorbei und nimm sie mit. Ich geb sie her,
von mir aus gleich, die Hauptsache ist, ich wäre wieder frei, denn lieber ledig und allein, als bloß der Zorn daheim.

Ich hoffe du lässt mich nicht lange warten, frohe Weihnachten wünscht

Züller Xaver