Liebe Asja,
Reiteration kann eine blöde Übersetzung aus dem Englischen sein. Es heißt zunächst nichts anderes als "Wiederholung".
Die Verbigeration ist der Fachausdruck für das Symptom, das eben u.a. bei Schizophrenie auftritt. Ich habe Reiteration in diesem Kontext ehrlich gesagt noch nie gehört. Einzig mein Linguistik-Studium macht, dass ich das Wort überhaupt kenne.
Du kannst das also, wenn du dir beides merken möchtest, als Synonym nehmen.
Liebe Grüße,
Savina
Hier noch eine Frage eine Schülerin, die mich per Mail erreichte:
Zitat:Hallo Savina,
ich habe heute ein paar Übungen zur schriftlichen Prüfung im Internet gemacht und bin dabei auf folgenden Begriff gestoßen: Inadäquate Witzelsucht
kannst du mir sagen was das bedeutet?
Hier kann Wikipedia weiterhelfen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Witzelsucht
Hauptseite: http://de.wikipedia.org/
Liebe Grüße,
Savina
Eine weitere Frage, die per Mail zu mir kam:
Zitat:Was ist der Unterschied zwischen einer Wahnidee und einer Halluzination? Wahn war bei mir immer verankert als zweigliedrig, es braucht einen Aussenreiz. Bei Halluzinationen braucht es keinen Aussenreiz. Jedoch schreiben Sie unter Wahnidee: es geht kein Aussenreiz voraus. Oder kommt die Wahnidee nur bei den bestimmten Wahnthemen zum Tragen? Während die Halluzinationen auf sämtlichen Sinnesebenen vorkommen können?
Und meine Antwort darauf:
Der wesentliche Unterschied besteht weniger in der Ein- oder Zweigliedrigkeit als vielmehr in der Tatsache, dass Wahn eine unverrückbare Fehlinterpretation der Realität ist, eine inhaltliche Denkstörung, und eine Halluzination eine Wahrnehmungsstörung ist. Die ist nicht unverrückbar. Wenn ich z.B. müde bin und unterm Bett die Tüte mit einem Monster verwechsle, dann kann ich durchaus eines besseren belehrt werden. Eine Halluzination kann auch auftreten, wenn Verletzungen am Auge (Sehbahn), am Ohr etc. sind.. das hat nichts mit der Einordnung der Realität zu tun. Beim Wahn hingegen schon!
Und noch eine, weil ich gerade dabei bin
Zitat:Zum Thema "quantitative Bewusstseinsstörung" lese ich über die Definition: "Bei diesen Bewusstseinsstörungen handelt es sich um eine Beeinträchtigung des Bewusstseins, die sich mit der Schlaf-Wach-Skala erfassen lässt." Ich finde eine Menge zum Schlaf-Wach-Rhythmus im Netz... aber nichts, kein Wort, keine Erläuterung was eine Schlaf-Wach-Skala sein soll! Ich will da gar nicht arg in die Tiefe gehen, aber ich hätte für mich zum Verständnis einfach nur gerne gewusst, was das ist. Kannst du mir das erklären? Oder ist das wirklich eine nur eine andere Bezeichnung für Schlaf-Wach-Rhythmus?
Meine Antwort:
Damit ist gemeint, wenn du Schlaf skalieren würdest, meinetwegen von 0 bis 5, und 0 ist gar nicht schlafend (also wach), 1 ist ein bisschen schlafend und so weiter, und 5 ist unaufweckbar schlafend, dann kannst du dir merken, dass es bei den quantitativen BS eben um den Grad der Wachheit geht, nicht um die Qualität des Bewusstseins an sich.
Mit dem Schalf-wach-Rhythmus (wann schlafe ich, wann bin ich wach) hat das nichts zu tun, sondern eben WIE schlafe ich. Oder wie tief.
Macht es das klarer?
Noch eine:
Zitat:Ich bin auf den Begriff Hypervigilanz gestoßen - ist das mit den Bewusstseinsverschiebungen bzw. -erweiterungen, die wir unter den qualitativen Bewusstseinsstörungen finden, gleichzusetzen bzw. der Fachbegriff dafür? Oder handelt es sich da um etwas anderes?
Meine Antwort:
Als Hypervigilanz bezeichnet man einen Zustand, der nicht zu den Bewusstseinsstörungen zugeordnet wird. Es ist der Fachbegriff für eine erhöhte Wachsamkeit, die in der Regel nach traumatischen Erfahrungen auftritt und zu einem Dauerzustand werden kann. Die Menschen sind oft angespannt (Verspannungen, Rückenschmerzen), können schlecht schlafen, sind schreckhaft. Wie wenn das ganze System einfach nicht runterfahren kann. Es könnte ja was passieren - man muss auf der Hut sein und bleiben. Immer wachsam, immer in Vorbereitung auf Flucht oder Kampf - um es mal ein bisschen überzogen darzustellen, damit du dir was drunter vorstellen kannst.
Wir kommen beim Thema Angst und Angstreaktion im Nervensystem nochmal eingehend darauf zu sprechen, was bei Angst und Trauma im Nervensystem passiert. Vielleicht kannst du mich an entsprechender Stelle dann nochmal anstubsen und sagen: "Vergiss die Hypervigilanz nicht" ;-)
Frage:
Zitat:Organische Halluzinosen (F06.0)
Verstehe ich richtig, dass es hierbei auch zum Dermatozoenwahn (nach meiner Internetrecherche offensichtlich auch in der ICD-10 auch unter den Kennung F06.0 gelistet) kommen kann, es dabei aber wichtig ist eine Alkohol-Halluzinose und eine Schizophrenie auszuschließen?
Antwort:
Korrekt
Zitat:Nun bin ich beim Durchlesen meiner Mails auch nochmal auf die Frage von weiter oben gestoßen mit dem Therapieverfahren, die man in der Prüfung vorweisen können soll. Ich werde am Mittwoch im Kurs nochmal eingehender etwas dazu sagen, aber an dieser Stelle schon mal vorab das, was ich per Mail geantwortet habe:
Das ist in der Tat ein Punkt, über den immer wieder jemand stolpert. Auf der einen Seite darf man die Prüfung machen, ohne ein Therapieverfahren gelernt zu haben, auf der anderen Seite wollen die Prüfungsämter sehen, dass man schon was kann. Das ist ein Widerspruch, der bei immer mehr Prüfungsämtern auftaucht. Ich kann auch verstehen, dass sie niemanden auf die Menschheit loslassen wollen, der so gar keine praktische Erfahrung hat. In einer Therapieausbildung übt man ja auch immer praktisch.
(...) Für die Zukunft empfehle ich tatsächlich noch eine Therapieausbildung deiner Wahl, aber es ist rein rechtlich keine Bedingung für die Prüfung!
In der sog. Durchführungsverordnung zur HP-Überprüfung steht nicht geschrieben, dass man eine fertige Therapieausbildung nachweisen muss, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Insofern können sie dich nicht nicht zulassen, nur weil du das noch nicht vorweisen kannst.
Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiter helfen und schicke dir herzliche Grüße,
Savina
Zitat:Frage: jetzt habe ich noch eine Frage wegen dem Schichtmodell nach Jaspers. Im Skript steht als letzter Satz "Krankhafter Eifersuchtswahn auf Grundlage einer lang andauernden Alkoholerkrankung"
Bei dieser Formulierung ist die Alkoholerkrankung aber trotzdem die Nebendiagnose? ich finde durch das "auf Grundlage" hört sich an, wie wenn die Grundlage die Hauptsdiagnose sei.
Warum hat man überhaupt die Gewichtung jetzt genau andersrum gemacht, als Jasper das ursprünglich erdacht hatte?
Meine Antwort:
die Hauptdiagnose wird als erstes genannt, die Nebendiagnose als zweites. "auf Grundlage von" deutet dann darauf hin, dass der Patient zwar jetzt vorrangig mit dem Eifersuchtswahn kommt, aber es eine andere Grunderkrankung dahinter gibt.
Dass man das umgedreht hat (also anders als Jaspers damals) liegt daran, dass wir phänomenologisch deskriptiv arbeiten, seit wir mit festen Diagnosen arbeiten. Fast die ganze ICD10 ist so aufgebaut. Und das Phänomenologische ist das, was wir zuerst wahrnehmen, nämlich der Eifersuchtswahn.
Zitat:Frage: ich hab mir jetzt nochmal die Berichtbeispiele für die Krankenkasse genauer angeschaut, die du uns am 2.4. gegeben hast. Sind das eigentlich nur Auszuüge aus den Texten oder ist da jeweils der vollständige Text? Denn es sind ja in den Berichten nicht alle Punkte aus dem psychop. Befund miteinbezogen. Muss man nicht zu jedem einzelnen Punkt was schreiben? Und man man dann nicht auch zu jedem Überpunkt aus dem psychop. Befund auch jeweils zu den Unterpunkten was schreiben?
Wie ist das eigentlich bei der Amnamnese, die man macht: muss man da jeden Unterpunkt abfragen/raushören? also zB Zwangsgedanken UND Zwangsimpulse UND Zwangshandlund UND Zwangsritual.... irgendwann wird es doch logisch, dass das eine nicht da ist, wenn das andre nicht vorhanden ist oder? Außerdem dauert so ein Anamnesegespräche ja dann Ewigkeiten!? Wie lange berechnest du denn ungefähr ein für ein Amnamnesegespräch?
Antwort:
Das sind Auszüge aus den Texten, die insgesamt so ca. 5 Seiten lang sind. Trotzdem sind nicht ALLE Items des Psychopathologischen Befundes genannt, sondern die, die auffällig sind oder die in ihrer Unauffälligkeit eine Bedeutung haben.
Bei der Anamnese sieht das schon anders aus: Da muss jeder Punkt abgefragt bzw. herausgehört werden, ja.
Es ist ja ein Unterschied, ob ein Mensch nur Zwangsgedanken hat oder ob er auch unter Zwangsimpulsen oder Zwangshandlungen leidet. Diese Differenzierung ist schon wichtig, ja. Um zu wissen, dass das eine da ist und das andere nicht, muss ich alles abfragen, sonst weiß ich es ja nicht.
Und ja, es kann schon mal sein, dass ein Anamnesegesprpäch nicht nach einer Std. fertig ist. Aber oft geht es auch schneller als man denkt, wenn viel mit "nein" beantwortet wird.
Ich berechne meinen normalen Stundenlohn für ein Anamnesegespräch. Es ist ja meine Arbeitszeit.
Zitat:Frage: habe eine Frage zu den diagnostischen Leitlinien zu Demenz und zu Alzheimer-Demenz.
Hab ich das richtig verstanden: um eine Allgemeine Demenz (ohne zu wissen, um welche Form es sich handelt) diagnostizieren zu können, müssen die Punkte zutreffen, die im Skript auf Seite 73 ganz oben stehen?
Richtig
Zitat:Frage: Du hast beim Webinar hier aber den letzten Punkt der Affektkontrolle, Antrieb & Sozialverhalten gar nicht genannt??
Ich habe gesagt, dass die Krankheit häufig mit Rückzug, Reizbarkeit, Apathie, Stimmungsschwankungen und Motivationsverlust beginnt.
Zitat:Und um eine Alzheimer-Demenz zu diagnostizieren, gelten dieselben Punkte wie auf Seite 73 oben nur zusätzlich muss noch durch körperliche Untersuchungen rausgefunden werden, dass es keine anderen Ursachen gibt wie Gefäßerkrankungen, Hungtington usw und es muss auch Alkohol- oder Substanzmissbrauch ausgeschlossen werden?
Korrekt
Zitat:Das heißt ja, um eine allgemeine Demenz zu diagnostizieren, muss der Alkohol- oder Sustanzmissbrauch NICHT ausgeschlossen werden? Man spricht also auch von Demenz, wenn zB Alkoholmissbrauch vorliegt?
Ja, es gibt Demenzen, die im Rahmen von Alkoholerkrankung auftreten.
Zitat:Und man spricht auch von Demenz, wenn eine Gefäßerkrankung, Huntington usw vorliegt? Ist das so?
Ja, richtig. Bei Gefäßerkrankungen z.B. ist es ja die vaskuläre Demenz.
Zitat:Frage: Eine Längsschnittbeurteilung, auch Verlaufsbeurteilung, geht es darum den Zustand von ein und demselben Patienten an verschiedenen Punkten der Längszeitachse (Bsp. Jetzt-Zustand und dem Zustand von vor 6 Monaten) zu beurteilen.
Oder auch von verschiedenen Patienten den Verlauf beobachten, ja.
Zitat:Die Evaluierung ist eine Sach /- und Fachgerechte Bewertung.
Ja.
Zitat:Nun die sich mir aufdrängende Frage: Was ist der Unterschied?
Die Verlaufsbeurteilung ist keine Bewertung. Beider Evaluation oder Evaluierung geht es ganz allgemein darum zu schauen, ob irgend etwas geeignet ist, einen angestrebten Zweck zu erfüllen.
Man evaluiert Methoden (z.B. Theapiemethoden, um zu sehen, ob sie sich für eine bestimmte Erkrankung eignen.). Und man kann z.B. Therapiemethoden evaluieren mit Hilfe von Längsschnittbeurteilungen.
Gruppe x hat eine bestimmte Diagnose.
Das wird festgehalten. Dann werden die Leute dieser Gruppe immer wieder beobachtet und immer wieder wird neu festgehalten. Z.B. ein halbes Jahr lang ohne Therapie immer wieder. Das ist schon der erste Teile einer Längsschnittbeurteilung.
Dann machen sie eine Therapie, die jetzt überprüft werden soll (also ich stelle das jetzt mal vereinfacht dar - in Wirklichkeit braucht man dann auch noch eine Kontrollgruppe und und und..). Nach der Therapie wird nochmal alles an Daten erhoben und die Längsschnittbeurteilung abgeschlossen. Nach Anwendung der neuen Therapie soll diese nun evaluiert werden. Hierfür wird die Längsschnittbeurteilung genommen und die Daten, die daraus erhoben werden. Das brauche ich für meine Evaluierung, um zu sehen, ob die Therapie sinnvoll war.
Zitat:Frage: eine Frage zu den typischen Symptomen einer Depression: Warum heißt es da als dritter Punkt 'verminderter Antrieb oder erhöhte Ermüdbarkeit'? das ist doch nicht das gleiche, oder? für mich sind das zwei verschiedene Dinge...
Antwort: Naja, genau genommen hast du Recht, sind es zwei verschiedene Dinge, die sich aber ein bisschen bedingen. Warum die Macher der ICD10 von der WHO sich entschieden haben, das als einen Punkt aufzunehmen, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht weil die Ermüdbarkeit immer mit dem verminderten Antrieb zusammenkommt und umgekehrt. Im Zweifelsfall kann man aber hier auch ein "oder" dazwischen setzen - auch das habe ich schon gesehen. Also Ermüdbarkeit ODER verminderter Antrieb. Eins von beidem reicht dann.
Zitat:Frage: in dem Script das du uns hochgeladen hast steht:
Totale Amnesie bezieht sich auf alle Erinnerungen dieser zeitlichen Begrenzung
in den Folien:
Totale Amnesie bezieht sich auf alle Erinnerungen ohne zeitliche Begrenzung
Für mich wiedersprechen sich diese beiden Erklärungen ich denke mal ohne zeitliche Begrenzung ist richtig, oder ???
Antwort:
Beides ist richtig.
"Total" kann sowohl die Menge beschreiben (also ich kann mich weder an den Geruch noch an die Geräusche noch an die Bilder noch an die Gefühle erinnern) als auch die Zeitdauer (er kann sich an NICHTS erinnern zeitlich unbeschränkt). In beiden Kontexten wird es verwendet.
Zitat:Frage: Was zählt im Anamnesebogen zu den persönlichen Angaben außer Name, Adresse, Geburtsdatum, Telefon, Mail? Auch ob der Patient Kinder hat? Ober ob der Patient verheiratet, geschieden, verwitwet, alleinlebend ist?
Antwort:
Ja, all das. Ihr bekommt am Ende einen Anamnesebogen von mir bzw. im Skript ist er hinten ans Skript angehängt. Der macht es vielleicht deutlicher. Da stehen die Parameter nochmal drin. Letzten Endes alles, was wichtig ist und was einen Einfluss auf sein Befinden hat. Kinder könnten eine Unterstützung sein, der Verlust eines Partners könnte Symptome verstärken etc. Insofern sind all die von dir genannten Angaben wichtig, ja.
Zitat:Frage: Im Anamnesebogen soll etwas zur psychischen Vorgeschichte stehen? Was verstehe ich darunter? Ist es nicht dasselbe wie die Frage, ob der Patient dies oder das schon früher einmal hatte?
Antwort:
Hatte er dasselbe früher schon einmal oder hatte er bereits eine andere psychische Erkrankung vorher? Wann? Wie oft? Welche? Ist er behandelt worden? Wie? Ambulant? Stationär? Wie lange? Wo? Welche Behandlung? Hat das geholfen?
Zitat:Frage: Kann es sein, dass es das Umständliche Denken auch kombiniert mit dem Gedankenabreißen gibt? Oder zählt es, wenn man durch die tausenden von Ausführungen den Grundgedanken verliert dann immer noch zu Umständlichen Denken?
Antwort:
Beim reinen umständlichen Denken verliert man den Grundgedanken nicht. Der Weg zum Ziel ist halt ein bisschen weit
Wenn man den Gedanken verliert, ist es kein umständliches Denken, sondern dann Gedankenabreißen. Und es kann natürlich sein, dass ein Mensch beides hat, aber man kann es klar abgrenzen voneinander.
Zitat:Frage: In der ersten Stunde hattest du gesagt, was der Psychopathologische Bericht alles erfragt.
a) Nun hast du bei der Ausführung in der letzten Stunde noch den Punkt Entfremdungs-Erleben hinzugefügt. Ist das ein eigenständiger Überbegriff? Oder gehört er zur Ich-Störung?
Antwort:
Gehört dazu. Wird meistens in einem Atemzug genannt "Ich-Störungen und Entfremdungserleben".
Zitat:Frage:
b) Dasselbe ist bei der Psychomotorischen Störung. Ist sie ein eigener Überbegriff, oder gehört sie zum Antrieb?
Antwort: Nee, der Antrieb ist der Antrieb und die Psychomotorik ist die Bewegung mit Hypokinesen und Hyperkinesen.
Es kommen noch mehr.... aber jetzt erstmal Pause - das müsst Ihr ja auch alles erstmal nachlesen. Puh!
Liebe Grüße,
Savina