Liebe Susanne, liebe Claudia, liebe alle
zunächst will ich mal auf die Frage antworten, ob man Trauma im Körper spüren kann: Ja, kann man, an vielen Stellen. Besonders auffällig kannst du es an den Faszien und an der Muskulatur merken. Und dann natürlich an den Körperteilen, die direkt von einem Trauma betroffen waren (bei einem Unfall, einem Sturz, einem Schlag, einer OP, etc.). Der Körper speichert alles Erlebte, und wenn du sensibel an den Körper eines anderen herangehst (auch im SE kann mit Berührung gearbeitet werden), kannst du unheimlich viel spüren, was der Körper dir da aus seiner Erinnerung verrät
Jetzt zur Gegenüberstellung von EMDR und SE:
Ich nehme mal direkt noch Brainspotting bzw. Brainlog dazu, falls ihr dazu auch mal etwas lest
Eigentlich geht das gar nicht wirklich mit dem Gegenüberstellen
Weil es sind schlicht unterschiedliche Methoden. Aber ich versuche mal, in wesentlichen Punkten zu vergleichen.
Alle diese Methoden sind Methoden zur Bearbeitung und Transformation von Traumatisierungen.
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Bei EMDR muss man das Trauma-Ereignis erinnern - und wenn nicht kognitiv dann wenigstens durch ein konkretes auftauchendes Körpersymptom oder eine Körperwahrnehmung.
Beim SE muss man das Trauma-Ereignis nicht erinnern.
Beim Brainlog (auch beim Brainspotting) werden durch Raumpunkte (findet man durch Augenbewegungen) Verknüpfungen zu neuronalen Affektnetzwerken gefunden und von Trauma-Ereignis durch bilaterale Stimulierung entkoppelt. Auch hier sollte in der Regel zuvor das Thema bekannt sein bzw. das Trauma erinnert werden.
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Beim EMDR geht man an den höchsten (in der Regel) Punkt der Belastung und reduziert diese (und löst sie damit auf) dann durch bilaterale Stimulierung der Amygdala (was Einfluss auf den Parasympathikus nimmt), entweder durch Augenbewegung oder durch Tappen.
Bei SE geht man nicht ins Auge des Sturms oder in den Krater des Vulkans, sondern löst von der Päripherie nach innen auf durch sog. Pendualtion, nicht durch bilaterale Stimulierung.
Bei Brainlog geht man ebenfalls an einen hohen Erregung-oder Belastungspunkt und reduziert ihn bzw. löst ihn auf durch bilaterale Stiumlierung, entweder durch Tappen oder durch bilaterale Musik oder andere bilaterale Stimulierung.
Je nach Traumatisierung (also je nach Art des Traumas, Dauer, Herftigkeit, Alter als es geschah, etc.) ist die Arbeit mit hohen Belastungspunkten nicht indiziert, da sie zu Retraumatisierungen führen kann. Nur sehr gut ausgebildete Traumatherapeuten sollten mit hohen Belastungspunkten bei bestimmten Traumata arbeiten, weil sie zu jeder Sekunde einschätzen können müssen, wie hoch die sympathische Aktivierung gerade ist und ob jemand gerade "nur" einen Prozess durchläuft oder gerade retraumatisiert wird.
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EMDR eignet sich in der Regel nicht wirklich gut für komplexe Traumatisierungen. Nur sehr erfahrene EMDR-Therapeuten mit noch mehr Handwerkszeug als EMDR sollten komplexe Traumatisierungen damit bearbeiten.
SE eignet sich für komplexe Traumatisierungen.
Brainlog eignet sich ebenfalls nicht für komplexe Traumatisierungen.
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EMDR arbeitet viel mit Kognitionen.
SE setzt in der Arbeit die Kognitionen nur bedingt und nur zu einem kleinen Teil und anders als bei EMDR ein.
Brainlog kann mit Kognitionen arbeiten, kann aber auch rein mit Körperwahrnehmung oder den Raumpunkt-Affekt-Netzwerken arbeiten.
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EMDR kann schnellere "Effekte" erzielen als SE, muss aber nicht. Brainlog dito.
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Das von den zugelassenen Instituten gelehrte und von den Krankenkassen anerkannte original EMDR kann nur von akademischen Psychotherapeuten erlernt werden. Nichtakademische Therapeuten werden dort abgelehnt.
SE ist offen für alle, die mit Menschen arbeiten, vornehmlich Therapeuten, aber eben nicht nur akademische Psychotherapeuten, sondern auch sehr viele Körpertherapeuten, Cranio-Leute, Rolfer, HPs etc.
Brainlog ist offen für alle, die mit Menschen arbeiten.
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Man findet allenthalben Wochenendkurse EMDR. Davon kann ich nur abraten. Die Originalausbildung dauert 2 Jahre!
Das Ziel aller drei Methoden ist eigentlich das gleiche, aber die Vorgehensweise und damit die Wirkweise im Gehirn ist unterschiedlich. Also die Wirkweise der Behandlung selbst.
Alle drei Methoden haben ihre Berechtigung und sind super! Je nachdem, mit was jemand zu mir kommt, kann das eine oder das andere sinnvoller oder stimmiger oder angebrachter sein.
Mehr fällt mir so auf die Schnelle jetzt auch nicht ein. Alles weitere wäre dann schon tief in die jeweilige Methodik eingetaucht.
Ich hoffe, das beantwortet die ein oder andere Frage
Liebe Grüße,
Savina